Wie ein Großteil der Menschheit, habe auch ich mir in der Nacht des 31.12.2022 gute Vorsätze für das kommende Jahr gemacht. Genauer gesagt habe ich mir einen einzigen großen Vorsatz gemacht. Trust & Surrender, Vertrauen & Hingabe, das ist es was ich dieses Jahr verkörpern möchte. Was mir zu dem Zeitpunkt gar nicht so bewusst war, ist dass 2023 somit für mich unter dem Zeichen des Ajna Chakras steht. Denn genau diese beiden Qualitäten: Vertrauen und Hingabe sind die Kernmerkmale des Ajna, Guru Chakra, Triveni, oder Drittes Auge, alles Namen für dieses magische Energiezentrum zwischen deinen Augenbrauen.
Ajna, die Brücke zwischen den zwei Welten

Das Ajna Chakra ist Sitz unserer Intuition, also quasi unser energetisches Empfangszentrum für Inspiration. Es ist wo Unterbewusstsein auf Bewusstsein trifft, Gefühl auf Verstand und Innen- auf Außenwelt. Die Frage ist ob wir auf Empfang eingestellt sind.
Intuition ist diese Eingebung aus dem nichts, die uns den Weg leitet was als nächstes zu tun ist; sie ist der Gedanke an die Freundin, kurz bevor sie anruft; das mulmige Gefühl, welches wir vielleicht ignorieren und auf das wir im Nachhinein besser gehört hätten; die Antwort auf die Frage, die wir vielleicht noch gar nicht gestellt haben.
Intuition kann ein glasklarer Gedanke im Kopf sein, eine Ahnung die wir nicht ganz greifen können, ein grummeln im Bauch, ein zusammenziehen des Körpers, ein Lichtblitz vor den Augen, ein Sprung des Herzens.
Intuition ist dieses Wissen irgendwo tief aus unserem Inneren, dessen Ursprung wir vielleicht nicht genau benennen können, dessen Botschaft wir vielleicht nicht logisch nachvollziehen können, die wenn wir ihr aber Vertrauen, uns unsere tiefsten Sehnsüchte offenbaren kann und uns den Weg zu wahrlich alignten Entscheidungen weist.
Goethe nennt Intuition „Herzensscharfsinn“. Für C.G.Jung ist sie eine grundlegende menschliche Funktion, die das Unbekannte erforscht und Möglichkeiten erahnt, die noch nicht sichtbar sind.
Was ist Intuition also genau? Warum fällt es uns oft schwer sie zu hören, oder gar ihr zu vertrauen? Und wie können wir sie in uns stärken?
Nicht alles was magisch ist, ist Hokus Pokus
Aus wissenschaftlicher Sicht ist unsere Intuition eine hoch entwickelte Form der Informationsbearbeitung. Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt unsere Umgebung zu scannen und zu bewerten, um dann basierend auf dieser Bewertung die für uns besten Entscheidungen zu treffen. Das ist sein Job und es ist auch ziemlich gut darin. Allerdings ist dies auch eine riesige Datenmenge die es zu verarbeiten gilt, zusätzlich zu den anderen Jobs die das Gehirn sonst noch so hat.
Um all die von außen auf uns einprasselnden Infos effizient verarbeiten zu können springt dem bewussten Teil unseres Gehirns, das Unterbewusstsein zur Hilfe. Während unser bewusstes Gehirn ca. 50Bits/s verarbeitet, kann unser Unterbewusstsein mehrere Millionen in der gleichen Zeit bewältigen. Blitzschnell gleicht es die eintreffenden Infos mit den bereits gespeicherten Erfahrungen, Prägungen, kulturellen Aspekten etc. ab, erfasst die komplexen unterliegenden Zusammenhänge, bettet alles ins große ganze ein und gibt uns dann Feedback wie wir am besten reagieren, antworten, oder handeln. Dieses Feedback aus dem Unterbewussten, ist das was wir dann Intuition nennen.
Eigentlich mega genial. Der Haken ist nur dieses Feedback/Intuition ist:
a. Hyperschnell & Kurz,
b. Körperlich, von daher für viele sehr subtil, und
c. für uns oft nicht logisch nachvollziehbar und daher auch nicht so wertvoll, oder sicher wie das was der ach so untrügliche Verstand sagt.
Viel Verstand, aber wenig Sinn
Einstein soll mal gesagt haben „Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Verstand ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“
Recht hat er, wir leben in einer patriarchal geprägten Gesellschaft. Ein Aspekt wie sich das zeigt ist die Vorliebe für nachvollziehbaren Logos und Fakten, während Entscheidungen basierend auf Gefühlen – also die Sprache der Intuition – eher als Schwäche, nicht vertrauenswürdig, oder als weiblich (als ob das was Schlechtes wäre) abgetan werden.
Tatsächlich haben Forschungen gezeigt, dass vermeintliche Logik und Fakten nicht unbedingt immer die bessere Entscheidungsgrundlage sind. In einer schwedischen Studie wurden Experten und Laien gefragt welche von je zwei Aktien am nächsten Tag besser abschneiden würde. Die Experten lagen zu 40% richtig, die Laien hingegen zu 50% (Zufall also?!).
Nur weil wir unsere Entscheidungen durch Fakten absichern, bedeutet das nicht dass sie immer richtig sind; und nur weil intuitive Eingebungen nicht immer begründet erscheinen, bedeutet das nicht dass sie immer falsch sind.
Wenn wir immer versuchen alles vorherzusehen, jeden möglichen Ausgang einer Situation zu kontrollieren und immer die angeblich sicherste Variante zu wählen, grenzen wir uns selbst ein und verpassen was alles möglich wäre wenn wir einfach mal unseren Gefühlen vertrauen würden. Wir werden nie erfahren welche Möglichkeiten sich zeigen könnten, wenn wir den nächsten Schritt wagen, ohne zu wissen wo genau er hinführt, welches Glück uns vielleicht erwartet, wenn wir zur Abwechslung mal dem Unbekannten folgen.
Denn der Zauber unseres Lebens liegt tatsächlich im Unbekannten (aber das ist ein ganz anderer Blogartikel).
Was hat all das nun mit Spiritualität und Yoga zu tun???
Aus spiritueller Sicht ist unser Ajna, nicht nur die Verbindung zu unserem Unterbewusstsein, sondern der Punkt an dem Atman in uns auf Brahman trifft; also wo unsere persönliche Seele sich mit dem göttlichen Bewusstsein verbindet. Demzufolge sind diese oberflächlich unerklärlichen Eingebungen, Inspirationen, oder eben die Intuition nicht nur schnell verarbeitete Daten, sondern sie entspringen der universellen Weisheit die alles im Kosmos miteinander verbindet und leitet.
Der Intuition zu vertrauen, bedeutet also dem Leben zu vertrauen.
Dementsprechend entstehen unsere inneren Eingebungen nicht bloß aus Zufall, sie bestehen auch nicht einfach nur aus einem Konglomerat unserer Erfahrungen und Prägungen, sondern sie entspringen der Sehnsucht unserer Seele ihre Bestimmung auf Erden zu leben. Indem wir dieser Sehnsucht folgen, kooperieren wir mit der kosmischen/göttlichen Weisheit, die alles im Universum verbindet, und immer für uns ist. Das ist der Punkt an dem uns gefühlt plötzlich überall Synchronizitäten passieren. Wir stehen vor einer Herausforderung und wie aus dem nichts taucht genau die Person auf, die uns helfen kann. Wir verlieren einen Job und fast zeitgleich bekommen wir ein Angebot für einen noch besseren. Laut Deepak Chopra ist dies wie unser Leben natürlich eigentlich funktionieren sollte.
Woher aber wissen wir dass dieses Gefühl, diese innere Stimme die uns sagt wir sollen etwas tun, oder lassen wirklich einer inneren Weisheit entspringt und nicht etwa der Angst, dem Komfort, oder einfach nur Wunschdenken.
Woher weiß ich zum Beispiel dass ich mich trenne, weil die andere Person wirklich nicht gut für mich ist, und nicht weil ich immer weglaufe wenn etwa Konflikt, oder Commitment ansteht? Oder umgekehrt, dass ich mit einer Person zusammenkomme weil sie im Moment die richtige für mich ist, und nicht weil ich Angst habe alleine zu sein?
Yoga, kein Allheilmittel, aber ein guter Start

Eine der größten Blockaden um unsere Intuition überhaupt zu spüren/hören ist, dass wir in einer Gesellschaft leben in der wir viel im Kopf sind, aber wenig im Körper. Intuition kommuniziert allerdings nicht über unsere Gedanken, sondern über unseren Körper. Yoga und somatische (körperliche) Praxen im Allgemeinen sind ein bewährter Weg um uns wieder im Körper zu verankern.
Oft ist die Praxis auf der Matte auch einer der wenigen Momente in denen wir im Alltag wirklich entspannen, den Lärm um uns ausblenden und unseren Fokus nach innen lenken. Erst wenn wir „abschalten“ öffnen wir den Raum um unsere innere Stimme überhaupt wahrzunehmen. Wir bewegen uns in verschiedene Haltungen und horchen dann was unser Körper dazu sagt. Fühlt es sich richtig an in der Haltung, muss ich etwas anpassen? Wie fühlt sich gut überhaupt für mich an? Woran merke ich dass etwas nicht gut ist? Wir lernen auch uns Selbst und unsere Muster dann besser kennen. Wie reagiere ich wenn mir eine Haltung nicht gefällt? Werde ich frustriert, wütend, breche ich ab, ziehe ich durch, egal was ich fühle? Wie ist es wenn ich sie mag? Höre ich eher auf die Anweisung meines Körpers, oder die des Lehrers? Folge ich eher meinem Gefühl in einer Haltung, oder meinem Ehrgeiz?
So bauen wir nicht nur die neuronalen Verbindungen zu unseren Empfindungen aus, sondern lernen auch zu unterscheiden wann wir uns eher von Mustern leiten lassen, statt von den Signalen/dem Feedback unseres Körpers. Je öfter uns dies auf der Matte gelingt, desto öfter gelingt uns dies auch abseits der Matte. Wie ein Muskel den man trainiert, stärken wir so die Wahrnehmung unserer inneren Weisheit und lernen auch immer mehr diese von eingefahrenen Mustern und Ego zu unterscheiden.
Im Zweifel entscheide dich für die Freude

Am Anfang dieses Artikels habe ich geschrieben dass unsere Intuition uns unsere tiefsten Sehnsüchte offenbaren kann, wenn wir ihr vertrauen. Es gibt einen Grund weshalb jeder von uns auf dieser Erde existiert, diesen Grund, oder yogisch Dharma, zu finden und zu leben, ist das was wir allgemeinhin „Erfüllung“ nennen. Und es gibt nur einen Ort wo wir ihn finden, manche sagen erinnern, können. Dieser Ort liegt selten indem was wir tun sollen, er liegt nicht in den Vorgaben der Gesellschaft, der Familie, oder sonst welcher Institution was der richtige Weg für uns ist. Der einzige Ort an dem wir den Grund unseres Daseins, unsere Erfüllung finden können, ist in uns. Er liegt indem was uns Freude bringt, indem was unser Herz aufgehen lässt, indem was unsere unerklärliche, aber weise Stimme aus dem inneren uns zuflüstert, in unserer Intuition.
Sie ist der erste innere Impuls der kommt und es bedarf manchmal Übung diesen Impuls einzufangen, denn so schnell wie er kommt, so schnell legt sich der Verstand darüber, hinterfragt, checkt und will Sicherheit und Fakten. Folgen wir nur dem Verstand wird er uns bestimmt sicher durchs Leben führen, langfristig wird er aber auch unsere Lebensenergie dimmen und das Wunder das das Leben eigentlich ist in ein „täglich grüßt das Murmeltier“ verwandeln.
Wollen wir aber körperlich und vor allem seelisch gesund sein, reicht Sicherheit nicht aus. Wir müssen mindestens ab und zu diesem ersten Impuls folgen, der uns vielleicht nicht das Ende garantiert, der aber gekennzeichnet ist von absoluter Klarheit und einer tiefen, unaufgeregten Freude.
Wollen wir wirklich glücklich leben, können wir nicht daran festhalten jeden Ausgang kontrollieren zu wollen, sondern wir müssen uns eingestehen was uns wirklich glücklich macht und den Mut aufbringen dem zu folgen.
Tony Robbins hat gesagt „Mut ist eine Gewohnheit“ und genauso ist es mit dem Vertrauen in die Intuition. Es ist eine Gewohnheit, die man trainieren kann. Beginne mit kleinen Entscheidungen, vielleicht wie du eine Haltung auf der Matte einnimmst. Spüre vor Entscheidungen einen Moment in dich hinein, nimm ein paar tiefe Atemzüge, verbinde dich mit deinem Herzen und vertraue was auch immer sich zeigt. Du kannst dir auch einen inneren Berater vorstellen mit dem du redest und den du fragen kannst, was du willst. Schaue was passiert wenn du deinem Gefühl vertraust. Je öfter du bei kleinen Entscheidungen deinen Körper und deine Gefühle miteinbeziehst, je öfter du diesen vertraust und positive Erfahrungen machst, desto leichter und selbstverständlicher wirst du auch bei größeren Entscheidungen deiner Intuition folgen.
Dabei geht es nicht darum den Kopf völlig auszuschalten und nur noch den Gefühlen zu vertrauen. Alles hat ja seinen Sinn, Berechtigung und Platz, es geht vielmehr darum eine Balance zu finden zwischen Intuition und Verstand, zwischen Herz, Bauch & Kopf, zwischen Yin und Yang!
Zum Schluss – wie mein Jahr seitdem verläuft
Wir sind jetzt Anfang Juli, wie ist also das erste halbe Jahr unter dem Motto „Trust & Surrender“ für mich verlaufen. Sehr, sehr gut! Es gab zwei größere Entscheidungen auf meinem Yogalehrerinnen Weg die ich intuitiv entschieden habe, entgegen dem was mein Kopf mir gesagt hat. Ein Angebot was ich angenommen habe (was ich letztes Jahr noch abgelehnt hätte) und eine berufliche Beziehung die ich beendet habe (die ich letztes Jahr wahrscheinlich nicht beendet hätte, weil sie wenigsten safe gewesen wäre). Beides hat sich nicht nur als gute Entscheidung entpuppt, sondern ich habe dadurch neue Leute kennengelernt die mein Leben wirklich bereichern; ich habe ein Angebot erhalten für etwas das ich schon immer machen wollte, aber nicht wusste wie und ich kann mein Yoga flexibler und freier anbieten und gestalten als es bisher möglich war.
Mit nichts davon habe ich gerechnet und für alles bin ich mega dankbar. Wenn überhaupt werde ich versuchen meiner inneren Stimme noch mehr zu vertrauen und mich dem Leben und dem Unbekannten, noch mehr hinzugeben.
Und weil ich ein neugieriger Mensch bin, lass mich gerne in den Kommentaren wissen wie deine Beziehung zu deiner inneren Stimme ist und welche Fragen, Herausforderungen du vielleicht noch hast.
Wie immer
In Liebe,
deine Sara