Sahasrara, das Kronenchakra, dargestellt durch den tausenblättrigen Lotus, der Unendlichkeit symbolisiert, ist das letzte Chakra welches wir in dieser Reihe besprechen werden und das erste welches über uns selbst hinausgeht, physisch, energetisch und symbolisch.
Das Kronenchakra ist der Sitz unserer Spiritualität, der Punkt an dem alles zusammenkommt, Shiva & Shakti, Bewusstsein & Energie, das kleine & das große Selbst. „Ich weiß“ ist der Ausdruck von Sahasrara, denn haben wir dieses Chakra in uns aktiviert, wissen wir dass wir und der Kosmos, das Universum, die höhere Kraft, die Universelle Liebe, das Göttliche, wie auch immer du es nennst, eins sind.
Keine spirituellen Zeiten! oder etwa doch???
Es ist lustig wie viele meiner Yogaschüler mir erklären dass sie gar nicht spirituell sind und nichts mit Spiritualität am Hut haben; und wie es ausgerechnet diese Schüler sind die am meisten von ihrer Praxis berührt sind und in den Meditationen am tiefsten gehen. Ich glaube das liegt daran dass immer noch viele Spiritualität mit Religiosität gleichsetzen.
Es stimmt der Glaube an eine Religion und eine religiöse Praxis sind/können spirituell sein, aber Spiritualität geht darüber hinaus. Sie ist der Glaube an etwas das größer ist als man selbst. Spiritualität ist die Praxis nach Innen zu gehen, sich selbst zu erkunden und zu fragen wer bin ich wirklich? Wer bin ich im Kern, wenn all die Masken, Konditionierungen und Erwartungen von mir abfallen? Bis irgendwann die Erkenntnis kommt dass wir Selbst Teil dieses Wunders des Universums sind (schließlich ist es mittlerweile auch wissenschaftlich nachgewiesen, dass wir zu über 90% aus Sternenstaub bestehen. Wie geil ist das denn bitte?!!!) .
Man könnte sagen der Verlust des Glaubens an etwas größeres, verbindendes, gekoppelt mit Konsum als höchstes Gut, hat zu einem kollektiven einschlafen des Kronenchakras geführt. Daher sind auch die häufigsten Leiden der heutigen Zeit, genau die Zeichen eines unausgeglichenen Sahasraras: Einsamkeit (das Gefühl von anderen und der Natur abgeschnitten zu sein), Unzufriedenheit, Verkopftheit, Realitätsflucht (Alkohol- und Drogenkonsum), Materialismus, Egoismus und das verstumpfen der Sinne und der Freude.
Es ist kein Zufall dass ausgerechnet jetzt wo wir als Menschheit einen Wohlstand erreicht haben, den es so noch nie in der Geschichte gab und Religion für die meisten kein Zuhause mehr bietet, esoterische Traditionen ein riesen Comeback feiern. (Mehr dazu was Esoterik genau ist und wie sie mit Spiritualität zusammenhängt, findest du hier in diesem Blogartikel). Dabei sind es nicht die Räucherstäbchen, die Kristalle und Rituale, die die größte Anziehung ausüben, sondern die Suche nach Sinn, Bedeutung, Freude und Erfüllung.
Das Tor zum Paradies
Die Harmonisierung des Sahasrara verleiht uns die Fähigkeit uns mit etwas größerem zu verbinden als wir selbst. Aus yogischer Sicht würde man sagen mit dem universellen Bewusstsein. Und auch wenn es sich vielleicht abstrakt anhört, ist diese Verbindung gleichzeitig „nur“ die Verbindung zu uns selbst. Es ist das herauskommen aus dem Kopf und das hineinsinken in unseren Körper, in unsere Gefühle, in unser Herz. Der Ort in uns an dem wir schon immer wussten dass wir ein Teil des Ganzen sind und das Ganze ein Teil von uns. Der Ort an dem wir unseren Wert nicht hinterfragen, an dem wir uns nicht nach Anerkennung und Liebe sehnen, weil wir wissen dass wir immer geliebt sind, alleine weil wir existieren.
Haben wir diese Selbsterkenntnis erst einmal realisiert und vollkommen integriert ist unserer Kronenchakra, unser higher Self quasi, aktiviert und wir fühlen uns zugehörig, kreativ, verbunden und mächtig.
Im Christentum heißt es Gott hat uns nach seinem Ebenbild erschaffen. Ich glaube dieser Satz ist dramatisch missverstanden worden. Statt zu verstehen dass dieser Satz uns selbst zu grenzenlosen, göttlichen Wesen macht, haben wir aus Gott einen Menschen gemacht und ihr begrenzte, menschliche Charakteristika angedeiht. Wir sind bereits das higher self, nachdem wir uns sehnen, wir müssen uns nur wieder daran erinnern.
(Übrigens meine ich, wenn ich von Gott spreche nicht einen bestimmten Gott, irgendeiner Religion, ich meine Gott als Bezeichnung für das höchste Bewusstsein, die Intelligenz der Universellen Liebe, die Energie die alles erschafft).
Das Endgoal
Am Ende des Tages ist das Ziel unserer spirituellen Praxis, egal welcher, ein besserer Mensch zu werden, frei von Egoismus und voller Mitgefühl. In der Chakrapraxis im speziellen, erreichen wir dies, indem wir die verschiedenen physischen, mentalen & emotionalen Blockaden in unseren Chakras auflösen, sodass unsere Lebensenergie frei durch uns hindurch fließen kann. Beständig und mitfühlend vereinigen wir die vermeintlich, gegensätzlichen Pole aus Bewusstsein & Energie, Männlich & Weiblich, Gut & Schlecht in uns, lösen so auch die vermeintliche Trennung zwischen uns und dem Universum auf und entfalten unser eigentliches Potenzial. Wobei das nichts anderes bedeutet als unser Leben so zu leben wie es sich für uns, und vor allem IN uns, richtig anfühlt, ohne uns zu verstellen, zurückzuhalten, oder zu verändern um Anerkennung, Wertigkeit und Liebe zu erfahren.
Diesen Zustand nennt man im Yoga „SatChitAnanda“.
Brene Brown hat in ihrem Buch „Braving the Wilderness“ wahre Zugehörigkeit definiert. Ich finde diese Definition beschreibt perfekt das Endgoal jeder sprirituellen Praxis und die Aktivierung des Sahasrara:
„Wahre Zugehörigkeit ist die spirituelle Praxis so tief an dich selbst zu glauben und zu dir selbst zu gehören, dass du dein authentischstes Selbst mit der Welt teilen kannst und Heiligkeit in beidem findest: Teil von etwas zu sein und alleine in der Wildnis zu stehen. Wahre Zugehörigkeit erfordert nicht dass du veränderst wer du bist, sie fordert dich auf zu sein wer du bist.“
Spiritualität in allem
Es gibt keine bestimmte Übung um Sahasrara, oder Spiritualität zu trainieren. Spiritualität findest du in der allgemeinen Praxis die du machst, in den Meditationen in die du eintauchst.
Vor allem aber finden wir Verbundenheit, Inneren Frieden, Zugehörigkeit und Lebensfreude in all den kleinen alltäglichen Dingen, wenn wir nur präsent sind. Das ganze Geheimnis liegt darin langsamer zu werden und bewusst wahrzunehmen was wir gerade er-leben. Nicht nur körperlich anwesend zu sein, sondern mit allen Sinnen präsent am Moment teilzunehmen. Die Anstrengung wahrzunehmen, wenn wir eine Herausforderung begehen und die Erleichterung, wenn wir sie gemeistert haben. Den Schmerz einer Trennung fühlen und den Zauber des Neubeginns, wenn wir sie überwunden haben. Das Gefühl einer lauwarmen Brise auf der Haut genießen, das kleine Gespräch mit einem fremden an der Supermarktkasse, das Schmusen mit dem Haustier, die Schönheit des Sternenhimmels …
Chakra Arbeit
Warum und wie man genau mit den Chakras arbeitet und worauf man achten sollte wenn man beginnt die Energie in sich zu schiften, habe ich bereits im ersten Artikel dieser Serie über die Chakras erklärt. Nun am Ende der Serie möchte ich darauf hinweisen dass es Sinn macht mit den Chakras aufsteigend (beginnend beim Muladhara) zu arbeiten.
1. Wir beginnen mit Muladhara, denn hier legen wir die Wurzeln und schaffen die Basis um uns Selbst und dem Universum zu vertrauen …
2. … damit wir uns im Svadhistana mit unseren Gefühlen, Leidenschaft und Kreativität verbinden können.
3. Im Manipura finden wir die Klarheit und Kraft diese in die Welt zu bringen.
4. Durch das Anahata öffnen wir unser Herz …
5. … um im Vishuddha unser ganzes Wesen und höchstes Selbst auszudrücken.
6. Auf diesem Weg unterstützt uns unser Ajna durch unsere Innere Weisheit …
7. … um uns im Sahasrara daran zu erinnern wer wir wirklich sind.
Das Pdf mit Steckbriefen für alle Chakras inklusive Übungen und Affirmationen findest du hier.
Solltest du dich durch diese Serie inspiriert fühlen dich tiefer mit den Chakras zu beschäftigen und mehr über sie lernen wollen (und ich hoffe sehr dass du das tust) habe ich hier ein paar Empfehlungen für dich:
- A yogi’s guide to Chakra meditation, Buch von Paul Grilley
- Chakren – Quellen der Kraft & Gesundheit, Buch von Jean-Pierre Crittin
- Chakra theory and meditation, DVD mit Paul Grilley von Pranamaya
Das Leben ist ein Wunder und du bist Teil davon
Ich möchte diese Chakra Serie mit einem Zitat des englischen Dichters Thomas Traherne beenden. Ich habe es vor Jahren in einem Buch aus der Merrily Watkins Reihe von Phil Rickman gelesen und seitdem hängt es bei mir an der Wand. Nicht nur hat es mich direkt gepackt und berührt, sondern es beschreibt, zumindest meiner Meinung nach, was Spiritualität und Verbundenheit im Kern ausmacht. Um es nicht zu verhunzen, habe ich es nicht übersetzt:
„You never enjoy the world aright,
Till the Sea itself floweth in your veins,
Till you are clothed with the heavens,
And crowned with the stars:
And perceive yourself
To be the sole heir of the whole world”
Immer in Liebe,
Deine Sara